Geschäfte nachhaltig zu entwickeln und die dabei entstehenden Risiken optimal zu managen, sind zwei zentrale Voraussetzungen für gutes Unternehmertum. Im Moment ist beides schwierig. Viele Studien zeigen, dass sich die Stimmung im Mittelstand verschlechtert und die wachsende Bürokratie als ein Haupthindernis gesehen wird. Bürokratie wird zum Risikofaktor, weil es die Geschäfte massiv behindert und die internationale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen verschlechtert.
Studienbeispiel
Die aktuelle Studie von Creditreform ist nur ein Beispiel für die Beschreibung der derzeitigen Stimmung. Danach haben 75,6 Prozent von über 1.200 befragten Mittelständlern eine Zunahme bürokratischer Auflagen festgestellt. 70 Prozent beklagen, dass dadurch immer weniger Zeit für Aufträge bleibt. Auch würden die Kosten durch zusätzlich benötigtes Personal steigen.
Produktivität sinkt
Wenn immer mehr Personal für die Bewältigung von bürokratischen und nicht wertschöpfenden Pflichten nötig ist, sinkt zwangsläufig auch die Produktivität in den Unternehmen. Kein Wunder, dass daher in Deutschland die Produktivität seit fast 10 Jahren stagniert. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes ist die Arbeitsproduktivität (BIP/Erwerbstätigenstunde) 2023 gegenüber 2022 sogar um 0,8 Prozent gesunken.
Neben der ausufernden Bürokratie sind für diesen für einen Industriestandort wie Deutschland bedenklichen Produktivitätsrückgang auch die mangelnde Digitalisierung und schlechte Infrastruktur mit langen Warte- und Transportzeiten verantwortlich. Manche vermuten auch, dass mittelständische Unternehmen, die es sich finanziell leisten können, einen Arbeitskräftepuffer für wieder bessere Zeiten haben. Nicht zu vernachlässigen ist auf der volkswirtschaftlichen Gesamtebene auch, dass von den 5 Millionen seit 2010 neu geschaffenen Stellen allein 2 Millionen auf den öffentlichen Dienst entfallen.
Bürokratieursachen
Bei jeder Risikoprüfung sind zunächst die Risikoarten zu definieren. Bei den Bürokratierisiken gibt es zwei Formen:
- Allgemeingültige Bürokratierisiken: Hierzu zählen z. B. EU-Lieferkettengesetz, Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, Hinweisgeberschutzgesetz, Datenschutzgrundverordnung und Gebäudeenergiegesetz.
- Branchenspezifische Bürokratierisiken: In fast jeder Branche gibt es zudem spezielle Regelungen, die von internationalen Konzernen locker gestemmt, aber für den Mittelstand nachteilig wirken. Hierzu zählen z. B. in der Bauwirtschaft die Ersatzbaustoffverordnung (EBV), im Handel das Verpackungsregister LUCID und in der Medizintechnik die Medical Device Regulation (MDR).
Was ist zu tun?
In jedem Risikomanagement-System müssen dann die Auswirkungen quantifiziert und entsprechende Sicherungsmaßnahmen entwickelt werden. Auch hier gibt es zwei mögliche Wege:
- Politischer Druck: Alle Bürokratiegesetze kommen heute von der EU. Es ist vielen Mittelständlern aktuell unbegreiflich, wie sich Deutschland als Nettozahler Nr. 1 in Brüssel nicht zum Vorteil deutscher KMUs durchsetzen kann. Die deutsche Politik zuckt mit den Schultern und verweist auf den "schwarzen Peter" EU.
- Unternehmensspezifisch: Bei vielen Mittelständlern macht sich zunehmend ein Gefühl der Ohnmacht breit. Nicht wenige wandern daher ab. Nutznießer sind dabei vor allem die USA, die u.a. mit dem Inflation Reduction Act (IRA) mit finanziellen Vergünstigungen locken.
In seinem aktuellen Podcast "Tod durch Bürokratie" lässt Top-Ökonom Daniel Stelter mal einen betroffenen Mittelständler zu Wort kommen. Ein hörenswerter O-Ton.
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